Die Themen Autismus, Pflegegrad und Pflegebedürftigkeit beschäftigen viele Eltern autistischer Kinder und Jugendlicher. Die Einstufung des Kindes in einen Pflegegrad kann eine bedeutende Unterstützung für betroffene Familien darstellen – denn Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) haben oft besondere Bedürfnisse, die eine zusätzliche Betreuung erforderlich machen können. In diesem Leitfaden erfahren Sie alles Wichtige über den Pflegegrad bei Autismus, von der Antragstellung bis zur Begutachtung und der Einstufung.

Wie wirkt sich Autismus auf die Pflege aus?

Eine Autismus-Spektrum-Störung kann die sozialen, kommunikativen und verhaltensbezogenen Fähigkeiten der Betroffenen stark beeinflussen. Autistische Kinder benötigen mitunter Unterstützung bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben – dies kann von der Hilfe bei einfachen Tätigkeiten bis hin zu einer intensiven Betreuung reichen. Zum Beispiel können autistische Kinder Schwierigkeiten haben, soziale Normen zu verstehen und sich angemessen zu verhalten. Eltern und Pflegepersonen müssen oft viel Zeit und Energie aufwenden, um die speziellen Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen und ihnen eine optimale Entwicklung zu ermöglichen.

Was bedeutet Pflegebedürftigkeit?

Die speziellen Anforderungen bei der Betreuung autistischer Kinder können unter den Begriff der ‚Pflegebedürftigkeit‘ fallen. Als pflegebedürftig gelten Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen Unterstützung im Alltag benötigen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Beeinträchtigungen mindestens sechs Monate bestehen. Die Unterstützung umfasst z. B. Hilfe bei Aktivitäten wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität.1

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wurde im Zuge des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) erweitert, um auch psychische und kognitive Beeinträchtigungen besser zu berücksichtigen.1 Für Kinder mit Autismus ist dies besonders relevant, denn die Erweiterung ermöglicht es, ihren spezifischen Pflegebedarf besser zu erfassen und die entsprechende Unterstützung bereitzustellen.

Pflegegrad bei Autismus: So beantragen Sie Pflegeleistungen

Um Pflegeleistungen zu erhalten, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Dies kann z. B. schriftlich oder telefonisch erfolgen. Im Regelfall wird der antragstellenden Person spätestens 25 Arbeitstage später eine Entscheidung mitgeteilt.2 Es ist wichtig, den Antrag frühzeitig zu stellen und alle notwendigen Unterlagen bereitzuhalten, um den Prozess zu beschleunigen und um sicherzugehen, dass die Bedürftigkeit korrekt erfasst wird.

Übergang von Pflegestufe zu Pflegegrad

Von Pflegestufe zu Pflegegrad: Eine differenzierte Bewertung des Pflegebedarfs

Umgangssprachlich spricht man oft von einer ‚Pflegestufe‘. Allerdings wurde der Begriff im Jahr 2017 mit dem PSG II abgeschafft und durch den Begriff ‚Pflegegrad‘ ersetzt. Im Gegensatz zur Pflegestufe bietet der Pflegegrad eine differenziertere Bewertung der Selbstständigkeit und des Unterstützungsbedarfs, wodurch die Pflegeleistungen gezielter und gerechter verteilt werden können.

Pflegebedürftigkeit bei Kindern mit Autismus: Was passiert nach der Antragstellung?

Nach der Antragstellung wird das Kind vom Medizinischen Dienst begutachtet. Dies wird rechtzeitig angekündigt und findet in der Regel in der häuslichen Umgebung des Kindes statt. Hierbei ist es wichtig, alle relevanten Dokumente bereitzuhalten, z. B. ärztliche Unterlagen, Pflegetagebücher und Berichte betreuender Dienste. Auch die pflegende Person sollte bei der Begutachtung anwesend sein.1

Die Begutachtung wird von speziell geschulten Gutachterinnen oder Gutachtern durchgeführt, die z. B. als Pflege- oder Gesundheitsfachkräfte oder Kinderärztinnen bzw. Kinderärzte qualifiziert sind. Mit Hilfe eines Punktesystems werden verschiedene Aspekte der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten des Kindes bewertet – basierend auf der Schwere der Beeinträchtigungen. Die Punkte werden in sechs verschiedenen Modulen vergeben:2, 3

  1. Mobilität
  2. Geistige und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung (soweit auf Kinder anwendbar)
  5. Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie deren Bewältigung
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Autismus und Pflegegrad: Welche gibt es?

Es werden fünf Pflegegrade unterschieden: von einer geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (Pflegegrad 1) bis zu schwersten Beeinträchtigungen (Pflegegrad 5).2 Jeder Pflegegrad umfasst unterschiedliche Leistungen, die den individuellen Bedürfnissen und dem Pflegeaufwand des autistischen Kindes entsprechen. Ziel ist, dass das Kind genau die richtige und notwendige Unterstützung bekommt.

Mit welchem Pflegegrad ist bei Autismus zu rechnen?

Bei autistischen Kindern führen vor allem die spezifischen Bedürfnisse und Beeinträchtigungen in den Bereichen ‚geistige und kommunikative Fähigkeiten‘ sowie ‚Verhaltensweisen und psychische Problemlagen‘ zu einer Einstufung in einen Pflegegrad. Laut einer nicht repräsentativen Erhebung des Bundesweiten Pflegenetzwerks verteilen sich die Einstufungen folgendermaßen:3

  • 30 % der Kinder mit ASS in Pflegegrad 1
  • 40 % der Kinder mit ASS in Pflegegrad 2
  • 15 % der Kinder mit ASS in Pflegegrad 3
  • 15 % der Kinder mit ASS in Pflegegrad 4

Pflegegeld bei Autismus: Wie hoch sind die Leistungsansprüche?

Die Höhe des Pflegegelds und die weiteren Leistungen der Pflegeversicherung variieren je nach Pflegegrad. Sie umfassen finanzielle Zuschüsse für häusliche und stationäre Pflege, Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über einige der Leistungsansprüche für das Jahr 2024:4

Pflegegrad  1 2 3 4 5
Pflegegeld in Euro monatlich 332 € 573 € 765 € 947 €
Pflegesachleistungen in Euro monatlich 761 € 1.432 € 1.778 € 2.200 €

Was gibt es bei Autismus, Pflegegrad und Pflegegeld sonst noch zu beachten?

Eltern und Pflegepersonen sollten sich frühzeitig umfassend beraten lassen, um alle verfügbaren Unterstützungsangebote optimal nutzen zu können. Außerdem sollten die individuellen Bedürfnisse und der Entwicklungsstand des Kindes stets im Auge behalten werden, um gegebenenfalls eine Anpassung des Pflegegrads zu beantragen.

Auch spezialisierte Therapien und Förderprogramme können eine wertvolle Unterstützung bieten. Eltern kann es helfen, sich in Selbsthilfegruppen und Netzwerken auszutauschen, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Eine gute Vorbereitung und umfassende Informationen sind der Schlüssel zur bestmöglichen Unterstützung für das autistische Kind, und um den Pflegegrad optimal zu nutzen.

Das Bundesministerium für Gesundheit bietet in seinem umfassenden Ratgeber zur Pflege viele relevante Infos rund um das Thema. Weitere spannende Artikel über Autismus finden Sie in unserem Blog.